Karezza
Der Begründer der religiösen Lebensgemeinschaft "Oneida" (1848 - 1881 in Oneida im amerikanischen Bundesstaat New York), John Humphrey Noyes, experimentierte mit energetischen Methoden (hauptsächlich zur Empfängnisverhütung) und führte die sogenannte "männliche Mäßigung" in die Oneida-Geminschaft ein. Er unterschied den Geschlechtsakt in eine soziale und eine zeugende Funktion. Die soziale Funktion besteht in der Vertiefung der Liebe, eine innige Verbundenheit und eine intensive Herzverbindung.
Die Methode ist ganz einfach:
Nach der körperlichen Vereinigung überlassen sich beide dem Auf und Ab der Erregung ohne physiologische Auslösung in den Orgasmus. Mann und Frau konzentrieren sich auf das Strömen der sexuellen Energie, bei der Karezza-Vereinigung "Magnetation" genannt. Sobald die Erregung dem Höhepunkt zusteuert, lässt (vor allem) der Mann die Erregungskurve bewußt wieder sinken. In dieser Verbindung verbleiben Mann und Frau eine lange Zeit, spüren und genießen die strömenden Energien, die schlussendlich in einer körperlichen und geistigen Verschmelzung und dem Gefühl des Einsseins gipfeln.
Die Namensgebung
Erst die Ärztin Alice B. Stockham verlieh dieser Methode 1896 den Namen "Karezza" (in ihrem Buch "Karezza - Ethik der Ehe"). Von Ende des 19. bis in die 30er Jahre des 20. Jahrhunderts war Karezza in lebensreformerischen Kreisen sehr populär und es sind diverse Bücher erschienen, die leider nur noch antiquarisch erhältlich sind. Vor ein paar Jahren ist allerdings ein Buch der (leider verstorbenen) Bestsellerautorin Bärbel Mohr (Bestellungen ans Universum) erschienen, in der sie die Karezza-Vereinigung beschreibt, ohne allerdings diese Bezeichnung zu verwenden (Sex wie auf Wolke 7).
Die Kunst des Karezza
Wie bereits angedeutet, besteht die Kunst des Karezza darin, die sich aufbauende sexuelle Anspannung nicht in einem Orgasmus zu entladen, sondern auf den Partner oder die Partnerin überströmen zu lassen. Die sexuelle Vereinigung geschieht bei den meisten Paaren normalerweise alles andere als bewusst und dient vor allem der körperlichen Befriedigung. In vielen langjährigen Beziehungen ist die körperliche Liebe häufig ganz abhanden gekommen oder zu einem Mechanismus geworden (Jeden Sonntag abend nach dem Tatort ...). Mit der Karezza-Herzverbindung wird die sexuelle Liebe zu einer unglaublich beglückenden Erfahrung, einer Verschmelzung auf energetischer Ebene. Bärbel Mohr empfiehlt diese "Nullrunden-Sex-Methode" in ihrem o.g. Buch deshalb auch als Lösung für langjährige Partnerschaften, bei denen der Sex unter die Räder gekommen ist.
Karezza hat viele Übereinstimmungen mit dem Tantra, besitzt aber den Vorteil, das es der westlichen Tradition und Denkweise entspringt und entspricht. Das kommt Menschen entgegen, die wenig mit den buddhistischen oder hinduistischen Philosophien anfangen können. Ursprünglich wurde das Karezza von seinen Begründern auch zur Empfängnisverhütung empfohlen, weil es damals keine nennenswerten Alternativen gab. Wenn Sie ungewollte Schwangerschaften verhindern möchten, sollten Sie die bewährten Verhütungsmittel aber weiterhin verwenden.
Sehr ausführliche Informationen über Karezza, deren Vertreter und Auszüge aus den erwähnten Büchern finden Sie hier.
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